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Interview mit mir auf dem O’Reilly Blog

Posted on    6 mins read

Das Blog von O’Reilly Deutschland hat in seiner Reihe “Karriere(n) in der IT” ein kurzes Interview mit mir geführt:

https://blog.oreilly.de/2011/01/31/job-portrait-softwarenentwickler-bei-myhammer-de/

Zum Zwecke der Archivierung drucke ich das Interview im Folgenden auch hier ab:

In der Reihe „Karriere(n) in der IT“ stellen wir Ihnen heute Manuel Kießling vor, der die Softwareentwicklung des Handwerks- und Dienstleistungsmarktplatzes MyHammer.de verantwortet. Sein Aufruf an den IT-Nachwuchs lautet: „Die eigene Komfortzone verlassen!“

Herr Kießling, wie lautet Ihre Jobbezeichnung, und bei welchem Unternehmen arbeiten Sie?

Ich arbeite als Director Product Development bei der MY-HAMMER AG in Berlin.

Wofür sind Sie genau verantwortlich, und vor welchen Aufgaben stehen Sie in der täglichen Arbeit?

Im Wesentlichen geht es bei meiner Arbeit um die Leitung der Softwareentwicklung. Wir haben diesen Bereich in drei Teams aufgeteilt, und mit den jeweiligen Teamleitern zusammen sorge ich dafür, dass wir neue Funktionen auf unserer Plattform möglichst schnell und in solider Qualität veröffentlichen können.

Meine konkreten Aufgaben sind dabei sehr vielfältig und gehen teilweise weit über das rein Fachliche der Programmierung hinaus. Das Wichtigste ist dabei die Abstimmung mit den anderen Abteilungen, die am Arbeitsprozess eines jeden Projekts beteiligt sind. Gemeinsam mit dem Leiter der Qualitätssicherung konnte ich beispielsweise unseren SCM-Prozess immer weiter verfeinern, so dass Release- und Entwicklungsprozesse mittlerweile sehr effizient ablaufen und eine hohe Parallelität und Flexibilität erlauben.

Ich stehe weiterhin im ständigen Austausch mit unseren Systemadministratoren, denn angesichts des ständigen Wachstums unserer Kundenzahl und der kontinuierlichen Weiterentwicklung unserer Plattform, inklusive der Ausweitung auf neue Märkte wie zum Beispiel die USA, stehen die Themen Skalierung und Ausfallsicherheit bei uns immer auf der Tagesordnung. Weil man hier nur wirklich erfolgreich sein kann, wenn man abteilungsübergreifend zusammenarbeitet, ist diese Kommunikation und gemeinsame Planung eine weitere wichtige Aufgabe in meinem Bereich.

Und natürlich bin ich nicht zuletzt dafür verantwortlich, dass meine Mitarbeiter Spaß an der täglichen Arbeit haben.

Neben Ihrer Arbeit sind Sie auch Mitglied der PHP Usergroup in Berlin. Mal abgesehen davon, dass fachlicher Austausch in lockerer Atmosphäre generell nützt: Können Usergroups auch Sprungbretter für die Karriere sein? Haben Sie schon Mitarbeiter gefunden/gesucht, haben Sie über die UG von freien Stellen gehört?

In der Regel hört man im Kontext der UG oft von freien Stellen, und praktisch nie von Entwicklern, die gezwungen wären aktiv nach Arbeit zu suchen :-)

Ich glaube, dass es nicht nur Spaß, sondern auch Sinn macht, sich in eine UG einzubringen. Vertritt man dort ein Unternehmen, erhöht das natürlich die Aufmerksamkeit in genau der richtigen Szene; wenn also ein Entwickler einmal eine neue Herausforderung sucht, sind die Chancen nicht schlecht, dass er sich die Unternehmen anschaut, von denen er bei der UG schon einmal gehört hat.

Umgekehrt bietet die UG eine hervorragende Plattform für Vorträge von Entwicklern, die sich damit langfristig einen Namen machen und definitiv ihren Marktwert erhöhen.

In der Reihe „Karriere(n) in der IT“ interessieren wir uns natürlich besonders für Ihren persönlichen Werdegang. Welche Ausbildung haben Sie absolviert, und welche Vorerfahrungen nützen Ihnen heute bei Ihrem Job?

Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn hatte ich mich noch sehr in Richtung eines kreativen Umgangs mit dem Medium Internet orientiert und eine Ausbildung zum Mediengestalter abgeschlossen. Sehr schnell wurde aber klar, dass in Softwareentwicklung und Systemadministration für mich die spannenderen Herausforderungen liegen. Ich habe daher in der Arbeitspraxis bald umgeschwenkt auf diese Felder, und schließlich auch einen IHK-Abschluss als Fachinformatiker nachgeholt.

Darüber hinaus schöpfe ich vor allem aus den vielen praktischen Erfahrungen, die ich dank eines frühen Eintritts in die Branche schon gleich nach dem Abitur sammeln konnte. Ich hätte zwar auch gerne studiert, aber wenn man offen für neues bleibt und sich selbst immer weiterbildet, kann man sich das notwendige Wissen ebenfalls aneignen.

Was mir an Vorerfahrungen zu Anfang sehr geholfen hat: Mein Vater hatte lange Zeit ein kleines Unternehmen in der Car-HiFi-Branche, und ich durfte dort schon seit meinem 14. Lebensjahr mithelfen und verschiedene Aufgaben übernehmen. Das hat mir ungemein bei den sogenannten Soft-Skills geholfen. Es mag zwar banal klingen, aber wenn man in den Beruf startet, kann es sehr hilfreich sein bereits zu wissen, wie man sich zum Beispiel am Telefon verhält und allgemein im beruflichen Alltag kommuniziert, wie man sich selbst organisiert, und überhaupt den Unterschied zwischen dem Arbeiten in der Schule und dem Arbeiten in einem Betrieb zu kennen. Da ich hier nicht auf der grünen Wiese starten musste, konnte ich schon bei meinem ersten Job, der einfach nur ein Praktikum war, schnell Verantwortung übernehmen und sehr produktiv mitarbeiten.

Ihre Empfehlung an den Nachwuchs: Welche Qualifikationen und Fähigkeiten sollten Berufsanfänger mitbringen?

Ich glaube, zwei Dinge sind besonders wichtig: Man sollte nicht ausschließlich am eigenen Fachgebiet festhalten, und man sollte nicht anfangen, innerhalb des eigenen Fachgebiets auf der Stelle zu treten.

Was ich damit meine, ist folgendes: Natürlich ist es wichtig, zum Beispiel als Programmierer vor allem die Programmiersprache der Wahl sehr tief und eingehend zu beherrschen. Aber auch Themen außerhalb der eigentlichen Profession sind wichtig, zum Beispiel die Fähigkeit des Schreibens, was sehr oft nicht wahrgenommen wird. Man arbeitet nie wirklich ganz allein und nur für sich – man muss stets mit anderen kommunizieren. Wer sich also nicht nur im Quellcode, sondern auch in ganz normalen Fließtexten klar ausdrücken und verständlich abstrahieren kann, wird es stets leichter haben, Gehör zu finden und mit anderen zusammenzuarbeiten.

Und innerhalb des Fachgebiets wiederum ist es wichtig – und gerade in jungen Jahren oft sehr schwer – über den Tellerrand der bevorzugten Programmiersprache zu schauen, und zwar immer und immer wieder. Die Welt der Softwareentwicklung ist in ständigem Wandel. Wer hätte zum Beispiel noch vor zwei Jahren gedacht, dass JavaScript einmal auf dem Server läuft?

Natürlich geht es nicht darum, jeder Sau hinterherzulaufen, die gerade durch’s Dorf getrieben wird. Aber mit wachsender Erfahrung wird man lernen, sinnlosen Hype und sinnvollen Trend voneinander zu unterscheiden. Es geht auch nicht darum, jedes Jahr das Produkt, an dem man arbeitet, auf die Programmiersprache zu übertragen, die man sich aktuell angeeignet hat. Aber man muss neugierig bleiben, sich eine Meinung bilden, sich auf neue und fremde Paradigmen einlassen und sie hands-on lernen, kurz: immer wieder die eigene Komfortzone verlassen. Sonst wird man bald zum alten Eisen gehören und wundert sich vielleicht selbst, wieso der Job irgendwann keinen Spaß mehr macht.

Das ist das Paradoxe gerade bei uns Softwareentwicklern: Wir beschäftigen uns mit einer der modernsten Technologien, die die Menschheit hervorgebracht hat, sind aber innerhalb unseres Bereichs nicht selten konservativ und daher nicht immer sofort offen gegenüber Neuem.

Wir danken für dieses Gespräch.